Kulturgottesdienste

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Konzept Kulturgottesdienst

Neue Wege, unerwartete Kombinationen, spannende Veranstaltungen

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Die evangelischen Gottesdienste haben sich über einen langen Zeitraum entwickelt. Einige der Woche für Woche wiederkehrenden Texte sind über 3000 Jahre alt. Es braucht seine Zeit, im Sonntagsgottesdienst heimisch zu werden. Die herkömmlichen Sonntagsgottesdienste haben sich in Jahrhunderten bewährt und sind unzähligen Menschen eben diese Heimat gewesen. Und doch sind sie nur ein Ausschnitt der Möglichkeiten, sich Gott zu nähern. Die von uns seit September 2008 angebotenen Gottesdienste wollen zusätzlich zu den Sonntagsgottesdiensten dieser Vielfalt gelebten Glaubens einen Raum geben.

 

Die Suche nach Sinn

Der Mensch ist immer auf der Suche nach einem Sinn. Dieser Sinn wird oft nicht mehr in der Kirche, sondern im Kino, in Romanen oder in Musiktexten gefunden. Wir begreifen christliche und kulturelle Ausdrucksformen dieser Sinnsuche nicht als Konkurrenz, sondern als sich gegenseitig bereichernd und als Schlüssel gegenseitigem Verstehens.

Ziel unserer Gottesdienste ist es, diesen Schlüssel bewusst zu machen und damit einen neuen oder auch einen ersten Zugang zur christlichen Überlieferung zu ermöglichen und die Medienkompetenz und Deutungsfähigkeiten der Gottesdienstbesucher in ihrer Alltagskultur zu fördern.

 

 

 

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Das Freizeitverhalten der Menschen hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Der Sonntagsgottesdienst erreicht deshalb viele, und vor allem die jüngere Menschen nicht mehr. Der Samstagabendtermin für die Gottesdienstreihe möchte dem Rechnung tragen.

Wenn ich abends ins Theater oder ins Kino gehe, dann gehört das anschließende Palaver in einer Kneipe oder einem Cafe einfach dazu.Wir laden im Anschluss an einen Kulturgottesdienst auf ein Bier, einen Wein oder ein Wasser ein. Kein klassisches Predigtnachgespräch, sondern zwangloses Beisammensein an Stehtischen, in den Kirchenbänken und am vorm Portal lodernden Kulturfeuer.          

Vorgehensweise

1. Die Veranstaltung dient der Verkündigung  

Kultur ist immer ein Ausdruck der Suche nach Sinn. Die Gemeinsamkeiten, aber auch die Unterschiede der säkularen, kulturellen Sinnsuche und dem Sinnangebot der christlichen Religion werden durch die Kulturgottesdienste in einen Dialog gebracht.

Der Ablauf der Kulturgottesdienste ist bewusst an Agende 1 ausgerichtet um den gottesdienstlichen Charakter der Veranstaltung bewusst zu machen – die kulturellen Beiträge entsprechen hingegen oft nicht dem, was man als Kultur in der Kirche erwartet. Die biblische Symbolsprache des Alten Testaments wurde veranschaulicht durch acht Meter hohe Flammen aus propanbetriebenen Flammenwerfern, die Erotik des Hohelieds der Liebe durch argentinischen Tango vertont und die Sündhaftigkeit des Menschen und sein Verkrümmtsein in sich selbst durch den Stummfilm Nosferatu mit Orgelbegleitung verbildlicht.

Ein Reiz der Reihe liegt für die Besucher darin, ihre Alltagswelt, ihre Medien und Unterhaltungsformen, als religiös deutbar zu erfahren und qualitativ anders wahrzunehmen. Der Glaube wird in den Alltag hineingetragen, in Bereiche, in denen man weniger Scheu hat sich selbst eine Deutungskompetenz zuzugestehen als in den hergebrachten religiösen Formen.

Die Reihe findet zusätzlich zu den Sonntagsgottesdiensten statt und wird als eine mögliche Form von Gottesdienst wahrgenommen und nicht als Ersatz für die bewährte Form des Sonntagsgottesdienstes.

2. Die Kulturgottesdienste sind Kulturveranstaltung

Wir legen Wert darauf, unseren Gästen ein kulturell anspruchsvolles Programm zu bieten. Seit Beginn der Reihe haben wir uns fest im Kulturbetrieb der Stadt etabliert. Mit der Auswahl

der national und international bekannten Künstler, 

z.B. Oscargewinnerin Nina Bohlmann, die Berliner Pyrophoniker oder Schauspieler Christian Berg, müssen wir auch den Vergleich mit großstädtischen Kulturveranstaltungen nicht scheuen. Dabei achten wir darauf, eine möglichst große Auswahl an kulturellen Ausdrucksformen zu zeigen. Die Palette der bisherigen Veranstaltungen reichte von Puppentheater und Rockmusik über Kinofilme und politischer Rede bis hin zu argentinischem Tango und Pyrotechnik. In der Presse werden die Kulturgottesdienste zumeist dem Feuilleton zugeordnet. Es ist spannend zu beobachten, wie ein Gottesdienst unter den Kriterien eines Feuilletonjournalisten bewertet wird.

Durch den Anspruch, nicht nur kirchlichen, sondern auch kulturellen Maßstäben zu genügen, erreichen wir viele der kulturell interessierten Kirchenfernen.

3. Die Kulturgottesdienste sind Gemeindeveranstaltung

Ausgangspunkt der Kulturgottesdienste war das Erreichen von "Gemeindefernen". Die Balance zwischen einem Schwellenabsenken für Gemeindeferne und einem klaren Profil, als ein Teil kirchlicher Arbeit vor Ort, sollte dabei gehalten werden. Wir mussten die Erfahrung machen, dass auch die Gemeindefernen eine recht klare Vorstellung davon haben, was sie von Kirche erwarten. Und das umfasst vor allem die Bereiche, in denen wir als Kirche unsere Stärken haben: Ein klares Sinnangebot, Deutung von Lebenswirklichkeit und nicht zuletzt genuin religiöses wie z.B. Gebet. Innerkirchliche Kritik kam immer wieder daran, die Orientierung an Agende 1 mit Credo würde die Schwelle für kirchenfernes Publikum zu hoch setzen. Gespräche mit gemeindefernen Besuchern haben dies nicht bestätigt.

 

Die Gemeindefernen machen ca. 50% der Besucher aus, die kirchlich gebundenen Besucher  umfassen von Herkunftsmilieu und Zahl ungefähr der Zusammensetzung eines Sonntagsgottesdienstes. Zu beobachten ist, dass kirchlich Gebundene  Freunde und Bekannte in die Kulturgottesdienste mitnehmen und durchaus mit Stolz ihre Gemeinde präsentieren. Besonders schön hat dies eine Besucherin nach dem Gottesdienst ausgedrückt: „Ich sag meinem Mann ja immer, dass es sich lohnt in die Kirche zu gehen. Heute konnte ich es ihm beweisen“.

Im Anschluss an die Gottesdienste laden wir die Besucher auf ein Getränk und einen Snack am Kulturfeuer vor der Kirche ein. Das Lagerfeuer und die als sehr gesellig empfundene Atmosphäre lassen Gemeindeferne die Gemeinde als Herberge und Ort der Gastlichkeit erfahren. Für die Reihe konnten so neue Ehrenamtliche – z.T. aus der Kirchenbank weg - gewonnen werden, die in der bisherigen Gemeindearbeit keine Aufgabe für sich gesehen haben. Die vielfältigen Aufgaben bei den Veranstaltung, von Catering bis Lichttechnik, machen es zudem möglich, eine große Zahl von verschiedenen Begabungen einzubeziehen. Die Kulturgottesdienste haben sich als eine Tür zur Gemeinde erwiesen.

4. Kirche soll ins Gespräch gebracht werden

 

Die Kulturgottesdienste ziehen Kreise über die eigentliche Veranstaltung hinaus. Dies geschieht u.a. auch durch intensive Pressearbeit, sowohl lokal als auch niedersachsenweit. Die Veranstaltungen, sowohl die kulturellen Beiträge als auch die christliche Verkündigung, werden  in der Stadt diskutiert und stellen Kirche als offen und zukunftszugewandt dar. Theologisch orientiert sich die Reihe an offenen Fragen in der Gesellschaft, sei es das Verhältnis zum Islam, zur Naturwissenschaft oder der Anthropologie. Kulturell orientiert sich die Reihe am Besonderen, seien es 150 Kilogramm explodierendes Propangas oder ein Gottesdienstpublikum, das während des Gottesdienstes in der Kirche Tango tanzt. Im besten Sinn des Wortes ist die Reihe zu einem Event geworden und hat ein Einzugsgebiet von bis zu 100 km.

 

Ein für uns zunächst unerwarteter Aspekt ergab sich aus der Zusammenarbeit mit den Künstlern. Es ist etwas Besonderes in einer Kirche aufzutreten und vor allem: Es ist etwas besonderes, wenn die eigene künstlerische Profession in einen religiösen Deutungsrahmen gestellt wird. Die Künstler werden so zu Multiplikatoren in einem für Kirche schwer zugänglichen kreativen Milieu. Padeluun, der als Menschenrechtler und Datenschützer von unserer Kanzel gepredigt hat, hat durch seine Beschäftigung mit der biblischen Tradition neue Impulse für seine Arbeit im profanen Kontext gewonnen. Das Jahresmotto seines Vereins lautete nach seinem Gottesdienst: „Der liebe Gott sieht alles - aber er petzt nicht“.