30. Kulturgottesdienst am Samstagabend

Der letzte Mann

am 15. September 2012

15.September, 19.30 Uhr Stadtkirche Walsrode

„Der letzte Mann

Die Bibel ist nicht vom Himmel gefallen. Jahrhunderte dauerte es, bis die Geschichten des Alten und Neuen Testamentes die Form gefunden haben, die heute in unseren Bibeln steht. Für die Frage, warum manche Geschichten spätere Erweiterungen erfahren haben, lohnt sich ein Blick ins Kino. Im Anschluss an den Gottesdienst zeigen wir den Stummfilmklassiker „Der letzte Mann“ von F.W. Murnau mit Live-Begleitung an der Orgel durch Alfons von Tegelen.

Der Kulturgottesdienst vertritt kirchliche Kultur auf dem Tag der Kultur im Heidekreis und findet deshalb ausnahmsweise in der Stadtkirche Walsrode statt.

 

F.W. Murnaus Stummfilmklassiker von 1924 ist ein Meilenstein (nicht nur) der deutschen Filmgeschichte. Emil Jannings, der für Murnau zwei Jahre später auch den Mephisto in Faust. Eine deutsche Volkssage gab, brilliert hier als alternder Hotelportier eines Grandhotels, dessen ganzer Stolz seine prächtige Uniform ist. Als er zum Toilettenmann degradiert wird, versucht er um jeden Preis für seine Familie und die Nachbarschaft den Schein zu wahren. Schließlich stiehlt er sogar die Uniform, an der seine ganze Selbstachtung hängt und die ihn in seinem Viertel zu einem angesehenen Mann macht. Als der Schwindel auffliegt, bricht seine ganze Welt zusammen.

Murnaus bittere Parabel über die übertriebene Bedeutung von Uniformen und den sozialen Abstieg eines gebrochenen Mannes ist ein filmisches Meisterwerk. Er verzichtete fast völlig auf den Einsatz von Zwischentiteln, die in Stummfilmen gewöhnlich die Dialoge ersetzten. Seine Bilder, grandios inszeniert, sind ein perfektes Beispiel für die visuelle Sprache des Kinos, die ohne Worte auskommt. Auch der Einsatz der "entfesselten Kamera" schrieb Filmgeschichte: Murnau und sein Kameramann Karl Freund (Metropolis) realisierten erste Kamerafahrten und bewegten sie frei im Raum.

Die ausgefeilte Set-Architektur und das Design des Films sorgten für ebenso großes Aufsehen wie der Star des Films, Emil Jannings (Der blaue Engel), der auch in den USA Karriere machte. Er war 1929 der Erste, der für die Filme Der letzte Befehl und Der Weg allen Fleisches als bester Hauptdarsteller mit dem Oscar geehrt wurde. Auf seinen Wunsch hin beschloss Murnau (Nosferatu. Eine Symphonie des Grauens) den Film entgegen seiner ursprünglichen Absicht mit einem Happyend. (Birgit Schwenger)